Auch der Name des Dorfes Schwalingen hat im Laufe der
Jahrhunderte einige Wandlungen erfahren. Aber es sind
Nachrichten überliefert, wie dieses Dorf, vielleicht schon seit
seiner Gründung, über viele Jahrhunderte genannt wurde. Diese
uralten Wurzeln sind in dem heutigen hochdeutschen Ortsnamen
'Schwalingen' noch zu erkennen.
In der mundartlichen, plattdeutschen Form des Ortsnamens,
wie ihn die Einheimischen heute gebrauchen, klingt durch, wie
ihn die Menschen früher ausgesprochen haben werden:
'Schworgen'. Erst in den vergangenen hundert Jahren hat sich
diese Form der Aussprache eingestellt - wohl durch das
Einmischen von Elementen des hochdeutschen Namens.
Noch Ende des 19.Jahrhunderts heißt Schwalingen im
Volksmund 'Swalen", wie glaubhaft in der 'Geschichte des
Kirchspiels Neuenkirchen' aus dem Jahre 1897 überliefert ist. Da
das 'a' im Plattdeutschen in Schwalingen zwischen 'a' und 'o'
ausgesprochen wird, kann man es fast hören, wie sie das alte
'Swalen' sagen: 'Schwoalen'.
Und eben dieses 'Swalen' oder 'Schwoalen' als
Name unseres Dorfes ist schon aus der Zeit von vor
rund 350 Jahren überliefert. In der Michaeliszins-
Rolle des Kirchspiels Neuenkirchen aus dem Jahre
1575 ist unser Dorf mit dem Namen 'Schwalen'
bezeichnet - im Schmalzehntregister von 1591/92 ist
es ‘Swalen’.
Aus einer anderen sehr alten Quelle wissen
wir mehr vom Ursprung des Schwalinger
Ortsnamens. Der Verdener Domherr Andreas von
Mandelsloh (*1519 +1585) hat ein uraltes Verzeichnis
der Tafelgüter der Bischöfe von Verden abgeschrieben, das wohl
schon 200 Jahre früher, im 14.Jahrhundert angelegt wurde. In ihm
sind auch die Einkünfte der Bischöfe aus dem Kirchspiel
Neuenkirchen nach den einzelnen Dörfern des Kirchspiels
verzeichnet. Hier ist der Name 'Swanlo' für unser Schwalingen zu
finden.
Der Professor für Niederdeutsche Sprache an der Universität
Göttingen, Heinrich Wesche (*1904 +1978) erklärt die Bedeutung
des niedersächsischen Ortsnamens ‘Swanlo’:
"Tiernamen spielen in Ortsnamen keine ganz geringe Rolle.
Man muss davon ausgehen, daß nicht das häufige
Vorkommen von Tieren in einem Ort zur
Namensgebung reizt, sondern vielmehr das
vereinzelte Vorkommen, natürlich auch das
auffallend häufige Vorkommen... Den
Schwan, der in deutschen Ortsnamen eine
bisher noch nicht erforschte große Rolle spielt,
treffen wir ... im alten Swanloh, dem
heutigen Schwalingen, an.
Ein großer Teil unserer Ortsnamen ist aus
Geländebezeichnungen hervorgegangen.
Manche, wie die Ortsnamen auf -loh ... gehen zwar
nicht bis in die älteste Zeit zurück,, wohl aber bis hart an die
Völkerwanderungszeit (etwa 370 -570) heran. -loh ist
ursprünglich der lichte Wald, später die Kultstätte in einem
Walde."
Der Name des Dorfes Swanlo - Schwalingen hätte demnach
die fantasievolle Bedeutung 'Schwanenhain' - wie es auch 1899 in
den 'Kunstdenkmälern der Provinz Hannover' beschrieben ist.
Noch bis Mitte des 17.Jahrhunderts ist in den Steuer- und
Abgabenlisten des Kirchspiels Neuenkirchen im Amt Rotenburg
unser Dorf mit dem Namen 'Schwalen' oder 'Swalen' aufgeführt. Ab
Mitte des 17.Jahrhunderts, etwa nach dem Ende des Dreißigjährigen
Krieges 1648 gesellt sich eine neue Schreibweise hinzu: Mit der
Ausbreitung des Neuhochdeutschen gehen die Sekretäre in den
Kanzleien dazu über, ein - ing oder auch -ingen an den Namen
anzuhängen - in einigen amtlichen Listen ist nun 'Schwaling' oder
auch 'Schwalingen' zu lesen.
Professor Heinrich Wesche erklärt dazu:
"- ingen hat im Lüneburgischen öfter das Grundwort -loh
verdrängt, z.B. Schwalingen, Krs. Soltau, ist ein altes Swanloh."
In den amtlichen Steuer-, Abgaben- und Güterlisten setzte
sich die Ortsname 'Schwalingen' recht schnell durch. Wesentlich
dazu beigetragen hat sicher, dass diese Listen alle neu angelegt
worden sind, nachdem die Herzogtümer Bremen und Verden 1648
als deutsche Provinzen dem Königreich Schweden
zugeschlagen wurden.
Allerdings sind noch bis ins 18.Jahrhundert
unterschiedliche Schreibweisen dieses Ortsnamen
überliefert, 'Schwalingen, Schwaling, Schwahling,
Schwalling, Schwalding, Schwahlingen.
Auch auf den Kartenwerken des 17.Jahrhunderts
trägt unser Dorf den Namen 'Swalen'. So auf der
frühesten verlässlichen Karte unserer Gegend. Der
schwedischen Offiziers Johann Görries, fertigte sie
1652/53 an, im Auftrag des ersten schwedischen
Generalgouverneurs der Herzog-tümer Bremen-Verden, Hans
Christoph von Königsmarck.
Noch 1765, die Schwedenzeit ist seit über 40 Jahren vorüber
und die Herzogtümer Bremen-Verden gehören zum Kurfürstentum
Hannover, ist auf der Karte des Herzogtums Lüneburg des
Kartographen Homan der Name unseres Dorfes mit 'Swalen'
angegeben. Erst gegen Ende des 18.Jahrhunderts ändert sich das.
Auf der Karte des Fürstentums Verden des Kartographen Reilly
heisst das Dorf noch 'Schwülingen'. Aber ab dem 19.Jahrhundert ist
auch auf den Landkarten durchgängig das Neuhoch-deutsche
'Schwalingen' zu finden.
Irgendwann ab der zweiten Hälfte des 17.Jahrunderts hat sich
also die Schreibung des Schwalinger Ortsnamens von dem
mundartlich gebräuchlichen Namen entfernt. Aus dem früher
gemeinsamen 'Swalen' wurde das offizielle hochdeutsche
'Schwalingen'. Die Eingesessenen blieben aber bei dem
plattdeutschen, mündartlichen 'Swalen', wenn sie von
ihrem Dorf sprachen, wie uns Pastor Wilhelm Wittkopf in
seiner 'Geschichte des Kirchspiels Neuenkirchen’ von
1897 mitteilt.
Beide Formen existieren also über Jahrhunderte
nebeneinander: 'Swalen' - 'Schwalingen'. Und so ist es auch
noch heute. Nur, 'Swalen' oder ‘Schwoalen’ hat sich mundartlich
weiterentwickelt, es ist offensichtlich von der hochdeutschen Form
des Ortsnamens erst im Laufe der letzten hundert Jahre beeinflusst
worden. Heute nennen die Einheimischen ihr Dorf plattdeutsch
'Schworgen' und so haben sie es auch schon vor Jahren auf die
Felsen an den Eingängen zu ihrem Dorf geschrieben.
Der Ortsname
des Heidedorfes Schwalingen